Gehemmte Persönlichkeitsentwicklung wegen Social Media Einfluss

Ich bin eine junge Frau, die versucht erwachsen zu werden. Doch was bedeutet das eigentlich? Ich habe ein ganz klares Ziel: Mit 30 Jahren möchte ich meine persönlichen Marotten los sein, selbstbewusst und zielstrebig durch das Leben schreiten. Ich bin kein Fan der Social-Media_Gesellschaft und finde es sehr schade, dass so viele junge Menschen ihre Zeit damit vergeuden, unnötige Videos anzuschauen, anstatt an sich selbst zu arbeiten. Denn meiner Meinung nach hat jeder Mensch einen Grund, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und an sich selbst zu arbeiten. Doch diese Entwicklung wird verdrängt, da keine freie Zeit mehr bleibt, um sich Gedanken über das Leben zu machen. Kommen unangenehme Situationen oder Gefühle, werden diese durch Videos betäubt und man lenkt sich ab, anstatt die Themen zu hinterfragen und aufzuarbeiten. In meinem eigenen Freundeskreis beobachte ich, wie man sich über seine zwischenmenschlichen Beziehungen beschwert, aber diese nicht auf ihre Ursachen untersucht, sondern sich ins Unglück reinredet. Wenn man immer nur signalisiert bekommt, dass alle anderen Menschen nicht diesen inneren Kampf mit sich selbst führen oder geführt haben, wie soll dieser dann zugelassen und angegangen werden. Ich persönlich habe eine Weile meine Ziele aus den Augen verloren und Grund dafür war auch, dass ich mit einen Social-Media-Kanal erstellt  habe. Es war so viel einfacher für mich der Realität zu entfliehen und meine Gefühle und Gedanken zu begraben. Doch mit der Zeit machte es mich nur unglücklicher und ich wurde frustriert. Ich habe mich weniger in andere Personen hineinversetzt oder mir Gedanken über Situationen gemacht. Wenn ich mich unwohl gefühlt habe oder Angst hatte, wurde schnell Instagram geöffnet und ich vergaß was mich beschäftigte. Aber eine Lösung ist das nicht. Die Probleme verschwinden nur für eine kurze Zeit und werden nur noch lauter. Nun bin ich 23 Jahre alt und habe drei Jahre meiner Persönlichkeitsentwicklung an Social-Media verloren. In dem Moment, wenn man ein Video sieht, dieses motivierend und schön findet, speichert man sich es ab. Aber sind wir mal ehrlich, wie viel davon setzten wir tatsächlich im Leben um?

Es ist leicht über Menschen zu lachen und zu kritisieren, wenn man selbst nicht im Scheinwerferlicht steht. Ich beobachte, wie die Menschlichkeit und der Umgang, der Respekt in der nachkommenden Gesellschaft schwindet. Es macht mich traurig zu sehen, dass es leichter fällt einen Menschen fallen zu lassen, als ihm die Hand zu reichen und Hilfe anzubieten. Ich gehe durch die Straßen einer Großstadt spazieren und höre wie  Jugendliche Krawall mit einer älteren Frau anfangen. Im Allgemeinen beobachte ich einen starken Anstieg an Frustration und Aggressivität, der sich in jungen Menschen angestaut hat. Ich bin keine Psychologin oder Soziologin und möchte die Gesellschaftsentwicklung nicht wissenschaftlich beleuchten, jedoch meine persönlichen Gedanken teilen. Ich gehe nicht davon aus, dass diese Eigenschaften alle auf die Social-Media-Nutzung zurückzuführen sind, jedoch denke ich, dass es einen positiveren Entwicklungsprozess jeden einzelnen geben würde, wenn man nicht ständig aus der Realität entfliehen könnte. Ich spreche natürlich nur über die alltäglichen Herausforderungen oder kleineren Hürden, die jeder Mensch überwinden muss, nicht über Traumata oder psychische Erkrankungen.

Begriffe wie „Anxiety“ werden medial immer lauter, doch warum versteckt sich jeder hinter diesem Begriff und spricht es nicht laut aus: Ich habe Angst verlassen zu werden! Ich habe Angst vor Menschen zu reden! ich habe Angst vor Konflikten! Ich habe Angst nicht gut genug zu sein! Ich habe Angst  …! Wovor hast du Angst? Nur wer seine tatsächlichen Schwächen kennt, kann an ihnen Arbeiten. Versteckt man sich hinter einem Begriff und deckelt es ab, fühlt es sich wie ein Stempel an. Doch man kann lernen mit diesen Ängsten umzugehen und gut zu leben. Jeder Mensch fürchtet sich vor irgendetwas, jeder hat mit etwas zu kämpfen und da hilft es nicht alles zu verstecken oder zu verschließen. Und ich meine hier explizit die junge Generation, die sich nicht mit ihren Gefühlen und den Hintergründen auseinandersetzt, um an ihnen zu arbeiten. Die eine einfache Erklärung suchen und sich dahinter verstecken. Denn die Angststörung ist eine ernstzunehmende Belastung, diese gerät mit dieser leichtfertigen Verwendung allerdings in Verruf. Man nimmt es mit der Zeit einfach nicht mehr so ernst und die Personen die tatsächlich Betroffen sind, werden belächelt. Wie oft höre ich die Aussage : Ich habe Anxiety, ich kann das nicht und werde das auch nicht können. Das ist einfach so.“ Das klingt doch eher nach einer Ausrede.

Aber wieder zurück zu mir: Die oben genannten Ängste, kann auch ich so unterschreiben. Und in den letzten drei Jahren habe ich diese eher in den Hintergrund rücken lassen und versucht vordergründig „normal“ zu wirken. Doch diese Überspielen tut auf Dauer nichts Gutes. Also kam ich in Situationen, die mich maslos überforderten und ich wusste mir nicht zu helfen. Meine Gefühle übermannten mich und ich fühlte mich ausgeliefert und hilflos. Was tat ich in solchen Momenten um nicht völlig durchzudrehen… natürlich, ich zog mir Reels rein. Und auch später hinterfragte ich diese Gefühlsausbrüche nicht, sondern war einfach froh, dass sie vorüber waren. Doch die zu meidenden Situationen spitzten sich so zu, dass ich selbst bemerkte, dass ich JETZT etwas ändern muss, um mich nicht völlig aus den Augen zu  verlieren. In der beschriebenen Zeit fühlte ich mich zu mir selbst sehr fern, ich spürte keine Verbundenheit, sondern nur eine Überforderung und Frustration dem Leben, aber auch mir persönlich gegenüber. Ich war lange der Meinung die kleinen Probleme vergehen mit dem altern selbst, so zusagen „aus ihnen raus wachsen“. Ich habe mich oft über mich geärgert, dass ich nicht so selbstbewusst und willensstark bin. Doch wie sollte ich das sein, wenn ich innerlich von mir enttäuscht und getrennt bin. Wenn das Ich-Gefühl nicht stimmt, kann man nicht erwarten, dass sich ein Wunder auftut und man sich wiedergefunden hat. Das hat mit sehr viel Vergebung, Verständnis und Aufarbeitung zu tun. Nichts anderes außer ein Kennenlernen mit sich selbst, hilft einem aus seinen Ängsten und Zweifeln hinauszubrechen.